First light mit dem Coronado ST 70/400 Solarmax III DS
Im Oktober 2022 erhielt ich nach lieferzeitbedingter Wartezeit das Coronado ST 70/400 Solarmax III DS-Teleskop mit 15 mm Blockfilter.
Obwohl eine andere Ausrüstung bereits vorhanden war, ein älteres Solarmax 90/BF30-System von Coronado, dessen im Laufe der Jahre korrodierter Blockfilter im Astroshop perfekt repariert wurde, wollte ich ein kleineres und leichteres Komplettgerät für schnelle, bequeme Beobachtungen haben, um die Hemmschwelle beim Aufbau niedrig zu halten.
Dass die Auflösung bei 60 mm freier Öffnung nicht an die des „großen“ Systems herankommen würde, war mir klar, da sie letztlich physikalisch bedingt ist. Auch hatte ich früher bereits einmal ein Coronado 60 mm mit 15 mm-Blockfilter besessen und wusste, worauf ich mich einlasse. Deshalb sollte es diesmal ein Double-Stack sein.
Das Gerät kommt in einem stabilen Alukoffer, der einiges auf die Waage bringt, aber immerhin nicht sperrig ist. Die Schaumstofffüllung ist so hart, dass es einige Mühe macht, das Gerät unfallfrei herauszunehmen. Anfangs kann das Herausnehmen eines Okulars durchaus zu einer regelrechten Operation werden! Dass nur ein 18 mm-Okular im Lieferumfang ist, war mir bekannt, eine Coronado Cemax-Barlowlinse und andere Okulare hatte ich bereits. Schade, dass ausgerechnet das von der Vergrößerung her sinnvolle 12 mm-Cemax nirgends separat lieferbar zu sein scheint.
Nach einer wetterbedingten Zwangspause von etwa einem Vierteljahr konnte ich am 7. Februar das kleine Sonnenteleskop bei guten Bedingungen in Betrieb nehmen – frostfrei, da Solarmax H-alpha-Systeme nicht bei Frost betrieben werden dürfen - und sehr klar. Zum Vergleich diente der ältere Solarmax 90/BF30 auf einem achromatischen Vixen Refraktor 102/1000, beides nacheinander auf einer azimutalen TeleVue Gibraltarmontierung untergebracht, auf deren Gabel eine Prismenklemme mit doppelten Klemmschrauben montiert ist. Das ST 70/400 ist darauf gut montiert, allerdings hat die Coronado-Prismenschiene vorne keine Bremse. Zwar gibt es seitlich Einkerbungen für die Fixierschrauben, die aber nutzlos sind, wenn man mit Adaptern mit breiter Auflagefläche arbeitet. So ist mir tatsächlich der Tubus während der Beobachtung trotz fest angezogener Schrauben langsam einen Zentimeter zurückgerutscht. Bei mir ist inzwischen mit Schraube und Mutter eine Bremse im Schwalbenschwanz montiert.
Der Okularauszug läuft in der Grobfokussierung und Feineinstellung sehr weich und präzise. Plastikschutzkappe vorher abnehmen!
Laut Gebrauchsanweisung wird zunächst mit dem ersten T-Max-Tuner der äußere Etalon leicht verkippt, bis die Doppelbilder aus dem Gesichtsfeld verschwinden, mit dem großen Rich-View Drehkranz wird danach der Detailkontrast eingestellt. Danach kann auch der zweite Etalon leicht verkippt werden, bis die Ausleuchtung passt. Man kann allerdings auch umgekehrt vorgehen und mit dem Rich-View Tuner beginnen. Das Gerät ist aufgrund der nur 400 mm Brennweite so kurz, dass man in Armeslänge bequem alle Tuner verstellen kann, ohne das Auge vom Okular zu nehmen.
Der Sol Ranger-Sonnensucher erfüllt gut seinen Zweck, ist allerdings nicht superpräzise, sodass ich selbst mit der Schattenwurfmethode etwa genauso schnell zum Ziel komme.
Nun zum Bild: Das Bild ist sehr scharf und kontrastreich in einem angenehmen „natürlichen“ Orangeton, die Umgebung pechschwarz. Filamente heben sich dunkel ab, Flares erscheinen extrem hell. Das 18 mm-Okular ist perfekt für schnelle Übersichtsbeobachtungen. Für etwas höhere Vergrößerungen habe ich einige Okulare ausprobiert – am besten hat sich wegen seiner Transparenz ein Zoom-Okular 7.2-21.5 mm von Lunt bewährt. Höhere Vergrößerungen machen bei einem Double-Stack-Gerät mit kleiner Öffnung dann schon ein recht dunkles Bild.
Die Detailauflösung eines Solarmax 90 erreicht man erwartungsgemäß nicht, damit erscheint alles müheloser, jedoch ist der Kontrast geringer. Der Solarmax 90 mit dem instandgesetzten BF30-Blockfilter hat ein so helles Bild, dass eine Filterung mit einem Blaugrünfilter oder Polfilter Sinn macht, damit sich Details besser erkennen lassen. Bei dem kleineren Gerät sind Filter nicht notwendig. Beide Geräte reagieren natürlich auf Seeing-Schwankungen und es ist klar, dass bei niedrigem Sonnenstand Anfang Februar noch keine Wunder zu erwarten sind. Erstaunlicherweise macht geringfügige Bewölkung aber u. U. nicht viel aus.
Der viel beworbene 3D-Effekt stellt sich beim kleinen Coronado ein, wenn man mit den Etalons und dem Rich-View Tuner ein wenig „scannt“. Dann scheinen dunkle Filamente zu schweben.
Es darf auch nicht verschwiegen werden, dass es zunächst so erscheint, also ob eine völlig gleichmäßige Ausleuchtung des Bildes schwierig zu erreichen wäre. Das hatte ich nach dem Testbericht von Ullrich Dittler (https://www.astroshop.de/magazin/test/teleskop-tests/coronado-solarmax-iii-70mm/i,1419) schon befürchtet und auf im Internet veröffentlichten Bildern bestätigt gefunden. Auch muss man ab und zu mit den Etalons und dem Rich View-Tuner nachregulieren. Mittlerweile hat sich bestätigt, dass der 1. Etalon auf keinen Fall zu stark verkippt werden darf – bei geringer Vergrößerung dürfen die Doppelbilder durchaus noch am Rand zu sehen sein. Bei höheren Vergrößerungen dürfen die Doppelbilder ganz aus dem Gesichtsfeld sein.
Ich hatte beim First Light am 7. Februar das unglaubliche Glück, mit dem kleinen Solarmax ST 70/400 eine spektakuläre Protuberanz in ihrer gesamten Entwicklung beobachten zu können. Ich kann mich nicht entsinnen, eine derart helle und große Eruption jemals beobachtet zu haben, es handelte sich um einen Flare der Klasse M1 auf der Rückseite der Sonne. Zunächst als blendend heller Knoten am Sonnenrand sichtbar, entwickelte sich eine helle Doppelschlinge, die rasch wuchs und viel helles, scharf definiertes und kontrastreiches Detail zeigte – ein wirkliches Erlebnis, das zeigt, was dies kleine Gerät leisten kann – und das, obwohl man eigentlich erwarten sollte, Protuberanzen bei 0,7 Ångström besser zu erkennen als im Double Stack mit einer Bandbreite von < 5 Ångström. Der größere Bruder wurde gar nicht erst wieder montiert, um nichts zu verpassen.
Insgesamt hatte das ST Solarmax III 70/400 einen guten Einstand und ich bin gespannt, was man bei noch besseren Bedingungen erwarten darf. Auf jeden Fall ist man mit dem kleinen Gerät schnell bereit zur Beobachtung. Aufstellen und Ausrichten ist in weniger als 3 Minuten erledigt. Schade nur, dass es für eine Skywatcher Solarquest AZ-Montierung und einige andere kleine Lösungen zu schwer ist – im Double-Stack bringt es ca. 4.4 kg auf die Waage. Da ist ein solides Fundament schon sinnvoll. Ich bin generell der Meinung, dass gerade für die Sonnenbeobachtung eigentlich ein perfekt nachgeführtes System wünschenswert ist. Insgesamt hat sich der Kauf gelohnt, das Gerät erfüllt meine Erwartungen und ist eine gute Ergänzung zum größeren Gerät.
(Eva Seidenfaden)